What I can not create, I do not understand
Richard Feynman

Fortbildung 20.04.2024 - Werkzeugführerschein

Die Fortbildung "Werkzeugführerschein" setzt sich mit Werkstücken auseinander, die zur Einführung und Festigung von neuen Werkzeugen im Unterricht geeignet sind. Parallel zu den Werkstücken ist es unerlässlich eine entsprechende Sicherheitsunterweisung durchzuführen. Hilfreich dazu ist die Mappe "Sicherheit im Werkunterricht - Arbeitsbehelf für die Primarstufe" der AUVA, welche über die AUVA bezogen werden kann.


Die Einführung neuer Werkzeuge und Arbeitsweisen ist für gelingenden Unterricht in Technik und Design wesentlich. Durch ein breiteres Spektrum an Techniken, Fertigungsverfahren und Maschinenwissen können Kinder komplexere Problemstellungen lösen.


Bsp. Fahrbare Platte:

1. Klasse:

Die fahrbare Platte kann aus Wellkarton oder normalem Karton hergestellt werden. Als Werkzeug kommt hier vor allem die Schere zum Einsatz. Das Verfahren, das angewandt wird, wird als Scheren bezeichnet. Scheren gehört zur spanlosen Formgebung und hier konkret zur Bearbeitungsform "Zerteilen / Scheren". Im Lehrplan findet sich das Scheren unter dem Punkt "Trennen" (Zusammenhalt vermindern).

Die weiteren Tätigkeiten der Kinder sind das Fixieren einer Lagerung oder einer starren Achse. Dies kann durch ankleben eines Strohalms mit Klebeband oder ankleben eines Rundstabes mit Klebeband erfolgen.

Die Räder werden als letztes fixiert.


2. Klasse:

Die fahrbare Platte kann bereits aus Holz hergestellt werden. Die Bearbeitung des Holzes erfolgt durch Sägen. Das Verfahren Sägen zählt zur Gruppe der spanenden Formgebung und kann technisch von Hand oder mit einer Maschine ausgeführt werden.

Die Lagerung kann wie in der 1. Klasse erfolgen oder mit neuen Ideen gestaltet werden.





3. Klasse:

Die fahrbare Platte kann aus Holz oder Karton hergestellt werden. Als weitere Aufgabenstellung kommt die Thematik des Lenkens hinzu. Hier ist es wesentlich den Kindern zu verdeutlichen, was beim Lenken passiert. Das äußere Rad muss einen längeren Weg als das innere zurücklegen. Die starre Fixierung beider Räder auf einer Achse ist daher eine falsche Lösung. Es gilt nun neue Möglichkeiten zu entdecken und zu entwickeln. Sind die Kinder mit der Bohrmaschine vertraut kann die Drehschemellenkung bereits mit Holz gebaut werden.




4. Klasse

Die Aufgabenstellung sollte in dieser Stufe auf jeden Fall problemlösungsorientiert gestellt werden und ohne konkrete Hinweise der Lehrperson auskommen. Eine Aufgabenstellung könnte sein, eine fahrbare Platte mit Antrieb herzustellen. Je nach verfügbarem Material können unterschiedliche Lösungen zustande kommen. In dieser Phase sollten die Kinder auf ein breites Repertoire an Techniken und Fertigungsverfahren zurückgreifen können. Dadurch können die Kinder konstruktivistisch lernen und Lösungen finden. Dieses finden einen Lösung kann durchaus forschend geschehen. Im Gegensatz zur Naturwissenschaftlichen Fragestellung in Bezug auf die Forschung, kommt hier allerdings eine technische Sichtweise zur Anwendung ("Wie kann ich meine Platte schneller machen? Womit kann ich meine Platte antreiben damit ich sie nicht manuell in Bewegung setzen muss? ...)



Werkstücke für den Werkzeugführerschein:
Fahrbare Platte (Karton / Holz für Scheren / Sägen / Fügen (verbinden)


Nagelbrett / Geobrett (Nageln - Verwendung Hammer)


Klassenzimmertafel / Initialen (Bohren / Bohrmaschinenführerschein)


Werkstücke aus Karton (pneumatische oder hydraulische Hebebrücke) Schneiden (Papiermesser) / Fügen (Heißklebepistole)


Geschicklichkeitsspiel aus Karton (Scheren / Schneiden / Stanzen)


Heißer Draht / Geschicklichkeitsspiel (Sägen, Scheren, Fügen, Bohren)


Lernspiele mit Selbstkontrollfunktion (Scheren, Sägen, Fügen, Bohren, Schneiden,...)


Saalgleiter (Scheren, Schneiden, Falten, Fügen)



Tipp:

Es hat sich bewährt Kindern in der 1. Klasse einen Werkzeugführerschein auszuhändigen. Solche Werkzeugführerscheine können über die Anbiter von Werkmaterialien bezogen werden, aber auch selbst gestaltet werden. Um nun ein Werkzeug selbstständig nutzen zu dürfen muss ein Kind eine kleine "Prüfung" zum Werkzeug absolvieren. Diese "Prüfung" kann das Vorführen der praktischen Handhabung inklusive Sicherheitsmaßnahmen sowie Fragen zum Werkzeug (benenne die Teile, die Funktion,...) beinhalten. Durch die Unterschrift und den Stempel der Lehrperson darf das Kind dieses Werkzeug künftig selbstständig verwenden. Die Sicherheitsunterweiseung muss nachweislich (Klassenbuch, Jahresplanung, Klassenforum,...) durchgeführt worden sein und die Lehrperson muss natürlich immer zugegen sein.


Materialeinkauf :

Die wesentlichen Bestandteile werden bei Anbietern wie "Winkler Schulbedarf", Amazon oder Opitec eingekauft. Ist der Werkbeitrag gering, kann auf Karton bzw. Abfallhölzer von Tischerlereien oder Betrieben zurückgegriffen werden.


Anmerkung:

Um eine optimale Zielerreichung im Werkunterricht zu ermöglichen, entwickelte Gustav Zankl mit Gerhard Berger den spiralcurricularen Zugang. Um die Anforderungen des Lehrplanes methoden- und kindgerecht zu vermitteln, bedarf es differenzierter Aufgabenstellungen, welche in den weiteren Schulstufen erneut aufgegriffen und wiederholt werden. Im Idealfall wird dieser Gedanke aus Sicht der Primarstufe auch in der Sekundarstufe 1 weitergeführt, etwas das allerdings eine entsprechende Aus- und Fortbildung der Lehrpersonen in der Sekundarstufe voraussetzt.
Ausgehend von der Feststellung, dass eine Aufgabenstellung nie von allen Schüler*innen optimal gelöst werden kann, selbst guter Unterricht führt „nur“ zu einer Erfolgsquote von 60 – 70%, scheint es wesentlich, den fehlenden 30 – 40% in der nächsten Schulstufe durch eine differenzierte Wiederholung zum Erfolg zu führen. (Zankl, 1981, S.12)

Die anhand der fahrbaren Platte dargestellte Erarbeitung folgt diesem Prinzip. Es lässt sich für viele weitere Themen und Inhalte des Technik und Design Unterrichts anwenden.


Quelle:

Zankl G., Berger G. (1974). Technisches Werken – Erziehung zum technischen Denken 1.-6 Schuljahr. Verlag Styria Graz.